Der Dalheimer Hexenprozess

28.10.2021 Redaktion Kloster Dalheim

Der Dalheimer Hexenprozess - ein echter Kriminalfall. Foto: LWL/Kruck

Der Teufel im Kloster

Wörtlich heißt es in den Akten eines Höxteraner Hexenprozesses von 1631, der sich auf die Dalheimer Anklage bezieht: „Dass nemblich erwehnte Geistliche auf allen jeden zauberischen Beisambkunften und Buberei mitgepflogen“.

Bei vielen Leuten galt im späten Mittelalter und in der Frühen Neuzeit als unzweifelhafte Realität, dass der Teufel, Dämonen und ihre irdischen Vertreter, die Hexen und Hexer, existierten. Die Furcht vor Schadenszaubern war weit verbreitet, konnten sie doch angeblich Seuchen, Kindssterben oder Unwetterkatastrophen verursachen. Vermehrte Kriege, Pestepidemien und eine ausgeprägte Kälteperiode verschärften die Angst vor dunklen Mächten. Diese entlud sich in Hexenprozessen, die auch vor dem Paderborner Raum nicht Halt machten: Um 1600 wurden mehrere vermeintliche Hexen in Schloss Neuhaus hingerichtet. Hatten einige der Männer und Frauen, die auf dem Scheiterhaufen verbrannten, die Dalheimer Ordensleute als Mittäter genannt?

Illustration einer Handschrift von Martin Le France, 1451. Foto: Wikimedia Commons

Fauler Zauber

Eine weltliche Erklärung liefert hingegen die Dalheimer Klosterchronik. Sie geht von machtpolitischen Ränken als Ursache für die Festnahmen aus: Um seinen landesherrlichen Besitz zu sichern, stellte der Paderborner Fürstbischof Dietrich von Fürstenberg ab 1592 Gebietsansprüche. Er bezog sich dabei auf einen Pfandbrief aus dem Jahre 1487, mit dem einer seiner Vorgänger dem Konvent Besitzrechte in Eilern, Dalheim und Nutlon verkauft hatte – allerdings unter der Bedingung, dass Nachfolger diese wieder einlösen könnten. Die Rechtslage war durchaus verworren, hatten die Chorherren doch 100 Jahre zuvor Dokumente erstellen lassen, die Besitzrechte in den fraglichen Wüstungen beurkundeten. Griff der Fürstbischof, da er sich im juristischen Tauziehen nicht durchsetzen konnte, zu der drastischen Maßnahme eines Hexenprozesses und erzwang durch Folter die Falschaussagen der vermeintlichen Hexen? Das zumindest vermerkt der Dalheimer Klosterchronist.

Wenn Wände sprechen könnten: Hinter den historischen Mauern des Klosters Dalheim schlummert sicher noch so manche Geschichte. Foto: LWL/Tillmann

Nit gefunden

Doch die Anklage gegen die Chorherren blieb ohne Ergebnis. Die juristische Fakultät in Würzburg erstellte schließlich ein Gutachten, das die Dalheimer Brüder freisprach, da der ganze Konvent die Anwesenheit der Ordensbrüder beim Gottesdienst während der fraglichen Zeit von angeblichen „zauberischen Beisambkunften“ bezeugen konnte. In der Folge nahm der Bischof nun das Archiv des Klosters gewaltsam an sich, ließ Schreine und versiegelte Briefe durchsuchen in der Hoffnung, man würde etwas darin finden, das die Aneignung der Dorfmarken rechtfertigte. Doch wieder – so ist in der Klosterchronik zu lesen – ohne Erfolg: „alles umbsondt, weil nit gefunden“.

Trotzdem blieben die Dalheimer Konventualen in Haft. Zu guter Letzt handelte der Landesherr mit den gedemütigten Chorherren einen Vergleich aus. Prior, Subprior und Procurator wurden freigelassen, hatten im Gegenzug jedoch jährlich Getreideabgaben zu leisten.