Zufallsfund Klostergelübde

28.10.2021 Redaktion Kloster Dalheim

Professurkunden. Stiftung Kloster Dalheim. LWL-Landesmuseum für Klosterkultur. Foto: LWL/Kruck

Papier ist geduldig, so heißt es. Pergament erst recht! Davon konnte sich ein früherer Hausmeister im Kloster Dalheim überzeugen: Über 500 Jahre alt sind die Urkunden, die er gemeinsam mit seinem Mitarbeiter beim Aufräumen entdeckte.

Gut versteckt und nur von oben mit einer Leiter zugänglich ist dieser Raum im Glockenturm der Kirche. Hier warteten die Professurkunden auf ihre Entdeckung. Foto: LWL/Schellenberg

Schatz im Schutt

Das war 2003 – also lange vor der Eröffnung des Museums 2010. Damals ähnelte die Dalheimer Anlage einer großen Baustelle, und die beiden Männer waren in den kaum erforschten Räumen rund um das Glockentürmchen der Klosterkirche unterwegs. Die Aufgabe lautete Aufräumen. Stattdessen fand das Duo unter Schutt und Stroh einen wahren Schatz. „Auf den ersten Blick eine zerknitterte, ziemlich unscheinbare Zettelwirtschaft“, erinnert sich einer der Hausmeister. Bei genauerem Hinsehen wurde den Männern klar, dass es sich nicht um die Zeitung von gestern handelte. Vorsichtig bargen sie die Dokumente.

 

Von außen ist die Kammer gut an den beiden winzigen Fenstern (Bildmitte) zu erkennen. Der Zugang befindet sich in dem Raum darüber (rechtes Fenster). Foto: LWL/Schellenberg

Versprechen für die Ewigkeit

Die Männer sollten recht behalten: Bei den Schriftstücken handelte es sich um sehr frühe Dokumente religiösen Lebens im Kloster Dalheim. Genauer gesagt enthielt das Bündel 30 Professurkunden, wie die Restaurierungswerkstatt des Landschaftsverbands Westfalen-Lippe in Münster herausfand. Bis zu ihrem Fund waren zwar etliche Besitzurkunden und andere Rechtstitel aus der Klosterzeit erhalten, aber keines der Dokumente gab eine so persönliche Auskunft über jene Menschen, die diese Mauern einst mit Leben füllten.

Die Professurkunde (lat. professio = öffentliche Erklärung) bezeugt die endgültige Aufnahme eines Novizen ins Kloster. In einem feierlichen Akt liest er am Altar die Worte:

Schönschrift: Die Professurkunde des Ordensbruders Augustinus Knochen ist noch deutlich lesbar. Stiftung Kloster Dalheim. LWL-Landesmuseum für Klosterkultur. Foto: LWL/Kruck

Ego, frater N., promitto Deo auxiliante perpetuam continentiam, carentiam proprii et obedientiam tibi, pater prior, et successoribus tuis canonice instituendis secundum regulam beati Augustini et secundum constitutiones capituli nostri generalis.

 

Ich, Bruder N., verspreche mit Gottes Hilfe Dir, Vater Prior, und Deinen rechtmäßigen Nachfolgern im Amt immerwährende Enthaltsamkeit, Verzicht auf Eigentum und Gehorsam gemäß der Ordensregel des heiligen Augustinus und den Bestimmungen unseres Generalkapitels.

Professurkunden. Stiftung Kloster Dalheim. LWL-Landesmuseum für Klosterkultur. Foto: LWL/Thünker

Aus dem Dornröschenschlaf erwacht

Doch wie war dieser Schatz in sein Versteck gekommen? Nach der Auflösung des Klosters im Jahr 1803 interessierten sich die preußischen Besatzer vor allem für das, was den Dalheimer Wirtschaftsbetrieb – nun unter staatlicher Aufsicht – aufrechterhielt. Religiösen Dokumenten schenkten sie hingegen wenig Aufmerksamkeit. Vermutlich wurden die Professurkunden aussortiert und dann in dieser Kammer entsorgt – aus den Augen, aus dem Sinn. Dort warteten sie, gut geschützt vor der Witterung, auf ihre Finder; ziemlich exakt 200 Jahre lang. Heute vermitteln sieben dieser Urkunden in der Dauerausstellung noch einen Eindruck der besonderen Umstände ihrer Entdeckung. Die übrigen Professurkunden und -fragmente sind im Depot des Klosters Dalheim sicher aufgehoben.